Unsere Ozeane werden immer saurer, aber was bedeutet das eigentlich?
Seit Anfang August tauche ich nach und nach durch alle 9 Planetaren Grenzen und habe hier bei der Ozeanversauerung Halt gemacht. Dr. Gisela Lannig vom Alfred Wegener Institute, Helmholtz Centre for Polar and Marine Research hat sich meiner Unwissenheit angenommen, sie forscht in den Auswirkungen des Klimawandels auf Meerestiere.
Um die Bedeutung der Ozeane zu verstehen:
- sie bedecken 2/3 der Erdoberfläche
- sie binden 1/3 des gesamten CO₂
- sie haben eine 10x höhere Aufnahmekapazität als Süßwasser
Und jetzt zur Ozeanversauerung, Chemie, Physik und Biologie für Einsteiger:
- Salzwasser hat eine höhere Konzentration an gelösten Salzen wie Natrium, Magnesium, Calcium oder Chlorid.
- Das CO₂ reagiert im Salzwasser und es entsteht Kohlensäure.
- Die Kohlensäure ist relativ instabil und zerfällt zum einen in Bikarbonate (= Salze der Kohlensäure) und zum anderen in Wasserstoffionen (auch H+ oder Protonen genannt).
- Jetzt kommt es: mit dem Anstieg der Protonen sinkt der ph-Wert, ein Maß für die Protonenkonzentration.
- Ein ph-Wert von 7 bedeutet neutral. Über 7 ist der ph-wert basisch, darunter sauer.Zu Beginn der Industrialisierung hatte das Meerwasser einen durchschnittlichen ph-Wert von 8,2.
Heute sind die Meere immer noch leicht basisch, allerdings wurden verblüffende Werte gemessen: im Humboldt-Strom (auch Peru-Strom genannt) lag der ph-Wert zeitweise bei 7,4. Das war für das Jahr 2100 erwartet worden. Der ph-Wert sinkt im Nachkommastellenbereich. Das klingt nicht viel, ist es aber: die ph-Wert-Skala ist logarithmisch. Bei einer Abnahme des ph-Wertes von 0,1 bis 0,4 nimmt der Säuregehalt im Wasser um 30% bis 150% zu. Das Oberflächenwasser der Meere ist heute um fast 30% saurer als zu Beginn der Industrialisierung, so schnell ist der Säuregehalt seit fast 26.000 Jahren nicht mehr angestiegen.
Die Folgen:
- Lebewesen in den Meeren mit Kalk-Skeletten und -schalen bekommen im saureren Wasser Probleme ihr Hüllen zu bauen.
- Das körpereigene Säure-Basen-Gleichgewicht kann gestört werden. Das kostet Energie, die wiederum bei anderen Wachstumsprozessen fehlt.
- Das Verschwinden von Lebewesen wie Plankton, Korallen, Muscheln und Schnecken hat massiven Einfluss auf größere Meerestiere, ihre Speisekammer wird leerer.
- Der maritime Kohlenstoffkreislauf wird gestört, die Meere können nicht mehr ausreichend CO₂ binden.
Für ein tieferes Eintauchen in die Welt der Meeresforschung: das Gespräch mit Dr. Gisela Lannig, hier im BAM! Bock auf Morgen Podcast.